Kuratiert von Popo Fan, Tobias Hering, Malve Lippmann, Branka Pavlovic, Can Sungu, Sarnt Utamachote und Florian Wüst
SİNEMA TRANSTOPIA
Ab September 2020 startet bi'bak ein Kino-Experiment im Haus der Statistik.
SİNEMA TRANSTOPIA untersucht Kino als sozialen Diskursraum, als Ort des Austauschs und der Solidarität. SİNEMA TRANSTOPIA bringt diverse soziale Communities zusammen, verknüpft geographisch entfernte und nahe Orte, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und dezentriert einen eurozentristischen Blick durch transnationale, (post-)migrantische und postkoloniale Perspektiven. SİNEMA TRANSTOPIA ist eine Transtopie, ein Ort, an dem “grenzüberschreitende Bindungen und Verbindungen zusammenlaufen, neu interpretiert werden und sich zu Alltagskontexten verdichten” (Erol Yıldız). Im Rahmen der Pioniernutzung der stadtpolitischen Initiative Haus der Statistik schlägt das Kino-Experiment eine Brücke zwischen urbaner Alltagspraxis und Film als alternative, verschiedene soziale Perspektiven verbindende Kunstform.
Gefördert durch den Haupstadtkulturfonds, die Conrad Stiftung und das Programm NEUSTART KULTUR
bi'bakino
bi’bakino ist ein kuratiertes Filmprogramm, das transnationalen Narrativen, Migrations- und Mobilitätsdiskursen im Film nachspürt und rund um die Filme differenzierte Diskussion und Perspektivwechsel anregen will. Dabei legt das Programm einen Schwerpunkt auf Filme, die aus dem außereuropäischen Raum stammen oder in Berlin noch nicht oder nicht oft gezeigt wurden, sowie Archivausgrabungen und Wiederentdeckungen. Im Anschluss an die Filmvorführungen finden moderierte Gespräche mit Filmemacher*innen und Expert*innen statt.
Die Veranstaltungsreihen können im Archiv abgerufen werden.
Kuratiert von Popo Fan, Tobias Hering, Malve Lippmann, Branka Pavlovic, Can Sungu, Sarnt Utamachote und Florian Wüst
Kuratiert von LaborBerlin e.V.
Kuratiert von Sarnt Utamachote und Rosalia Namsai Engchuan
Kuratiert von Popo Fan
Kuratiert von Kaspar Aebi
Kuratiert von Özge Calafato
Iranian Cinema Before 1979
Kuratiert von Ehsan Khoshbakht
Kuratiert von Necati Sönmez
Wie Louis Malle bei Dreharbeiten in Indien bemerkte, „ein Westler mit einer Kamera ist doppelt ein Westler“. Das Kino startete seine lange Reise in einem kolonialen Kontext: Die Gebrüder Lumière besuchten Länder des Globalen Süden um die „Anderen“ zu filmen und entsprechend waren die frühen ethnographischen Filme oft verbunden mit einem autoritären kolonialen Blick. Auch heute noch besteht die Dokumentarfilmindustrie zu großen Teilen aus gut finanzierten Produktionen westlicher Filmemacher*innen, die den Globalen Süden als Ort des Elends darstellen und damit eine Nachfrage bei ihrem Publikum bedienen. Als Reaktion schufen nicht-westliche Filmemacher*innen eigene, den kolonialen Blick umkehrende Bilder, und einige westliche Regisseur*innen begannen ihre Position zu hinterfragen. Decolonizing the Screen präsentiert eine Reihe von Perspektiven, die die andauernde Geschichte des kolonialen Blicks herausfordert und Diskussionen zum Erbe des ethnographischen Films und der Politik dokumentarischer Filmproduktion öffnen.
Necati Sönmez arbeitet als Filmkritiker, Journalist und Filmemacher. Er ist der Initiator des Which Human Rights? Film Festival und einer der Gründer des Documentarist Filmfestival, das sich bald zum wichtigsten Dokumentarfilmfestival in der Türkei entwickelte. Er Jurymitglied bei über dreissig Festivals und kuratierte diverse Dokumentarfilmprogramme. 2021 ist er Stipendiat bei bi’bak.
Kino jenseits der Leinwand
Handlungsfelder in der Umweltkrise
Kuratiert von Sarnt Utamachote, Malve Lippmann, Rosalia Namsai Engchuan und Pia Chakraverti-Würthwein & Eirini Fountedaki
Symposium, Screenings, Talks
OmeU
Agarrando Pueblo
The Vampires of Poverty
Carlos Mayolo/Luis Ospina, Kolumbien 1977, 28 Min., OmeU
Eine manifestartige Mockumentary über den von der westlichen Welt produzierten und konsumierten “Misery Porn”. Der kolumbianische Filmemacher Luis Ospina und sein Jugendfreund Carlos Mayolo agieren als Filmteam, das für das deutsche Fernsehen arbeitet und in den Straßen von Cali Straßenkindern, Armen und Prostituierten hinterherjagt. Ein skurriler Film voller schwarzem Humor und Satire, der die Ausbeutung von Elend im Globalen Süden durch die westliche Film- und Fernsehindustrie thematisiert.
REW-FFWD
Denis Villeneuve, Kanada 1994, 31 Min., OmeU
Für seine erste Regiearbeit plante Denis Villeneuve in Jamaika einen Reisefilm zu drehen. Stattdessen entstand ein experimenteller Dokumentarfilm über seine Position als Filmemacher, den erlebten Kulturschock, und die Menschen, die er traf. Die Geschichte über einen fiktiven französisch-kanadischen Fotojournalisten oszilliert zwischen Psychodrama und Dokumentation. Oder wie es der Protagonist ausdrückt: “Diese menschliche Hölle ist ein Paradies für die Photographie”.
OmeU
Afrique 50
René Vautier, Frankreich 1950, 17 Min., OmeU
Als 21-jähriger Student erhielt René Vautier den Auftrag, einen Film über das tägliche Leben von Dorfbewohnern und die Vorzüge des französischen Kolonialismus in Westafrika zu drehen. Stattdessen wurde er Zeuge von grausamen Lebensbedingungen und den Gewalttaten, die im Namen seines Heimatlandes begangen wurden. Schlussendlich drehte er einen militanten Film, der die Brutalitäten des französischen Militärs offen legte. Afrique 50 gilt der erste antikoloniale Film Frankreichs, war über 40 Jahre lang verboten und brachte dem Regisseur eine mehrmonatige Gefängnisstrafe ein.
Afrique sur Seine
Paulin Soumanou Vieyra/ Mamadou Sarr, Frankreich 1955, 22 Min., OmeU
1934 erließ die französische Regierung das Laval-Dekret, das afrikanische Filmemacher*innen bis 1960 daran hindern sollte, in den französischen Kolonien in Afrika zu drehen. Afrique sur Seine ist ein satirischer Versuch, diese Zensur zu umgehen. Gefilmt in den Straßen von Paris, beobachtet der Film die französische Gesellschaft auf die gleiche Weise, wie französische Filmemacher*innen in ihren ethnografischen Filmen die Menschen darstellen.
You Hide Me
Nii Kwate Owoo, Ghana 1970, 16 Min., OmeU
Der ghanaische Filmemacher Kwate Nii Owoo erhielt Zugang zu den unterirdischen Depots des British Museum und filmte die wertvollen afrikanischen Artefakte, die im Keller verstaut sind. Ein Tag reichte aus, um das Ausmaß des Diebstahls von afrikanischer Kunst aufzuzeigen, die in Plastiktüten und Holzkisten gebunkert ist. „Wir stießen auf eine enorme Sammlung… Tausende von wichtigen Kunstwerken, die nie ausgestellt wurden.“
OmeU
الساندويتش Al-Sandwich
The Sandwich
Ateyyat El Abnoudy, Ägypten 1975, 12 Min., no dialogue
طبيب في الأرياف Tabib Fi-l-Aryaf
The Countryside Doctor
Khairy Beshara, Ägypten 1975
, 22 Min. OmeU
القاهرة منورة بأهلها Al-qahira menauwwara bi Ahlaha
Cairo Is Illuminated by Its People
Youssef Chahine, Ägypten/Frankreich 1991, 23 Min. OmeU
Mit Cairo is Illuminated by Its People versuchte Youssef Chahine, die Vielschichtigkeit der ägyptischen Hauptstadt einzufangen. Als der Film in Cannes uraufgeführt wurde, warf man ihm vor, dem Westen durch die gezeigte Armut ein falsches Bild zu vermitteln, und der Film wurde schließlich verboten. Wir zeigen Chahines Stadtportrait zusammen mit zwei international unbekannten Entdeckungen von Khairy Beshara und Ateyyat El Abnoudy. Alle drei Filme beleuchten unterschiedliche Perspektiven auf das Alltagsleben in Ägypten, der eine in Kairo, die anderen beiden in ländlichen Teilen des Landes.
Regie Alanis Obomsawin Kanada 1993
119 min., OmeU
Im Sommer 1990 löste ein Konflikt um einen Golfplatz, der auf dem Land der Kanien'kéhaka (Mohawks) in Oka, Quebec, gebaut werden sollte, großen Widerstand der indigenen Community aus. Die Dokumentarfilmerin und First-Nations-Aktivistin Alanis Obomsawin dokumentiert die 78 Tage andauernde Konfrontation zwischen den bewaffneten Mohawks, die von Mainstream-Politikern als Kriminelle dargestellt wurden, und den Sicherheitskräften.
Regie Anastasia Lapsui/Markku Lehmuskallio Finnland 2000
90 min., OmeU
Seven Songs From the Tundra zeigt sieben facettenreiche Geschichten über das Leben der Nenets, Nomaden im Norden Russlands. Entstanden in gemeinsamer Arbeit mit der Community und geschrieben von der indigenen Drehbuchautorin und Filmemacherin Anastasia Lapsui in der Nenet-Sprache, entwirft der Film ein detailliertes Bild davon, wie die Menschen in dieser Region, geplagt von extremer Kälte, Schikanen und dem Druck zur Assimilierung, während der Sowjetzeit um ihr Überleben kämpften.
Regie Kazuo Hara Japan 1987
122 min., OmeU
Kenzo Okuzaki, ein Veteran der kaiserlichen Armee und Überlebender des Krieges in Neuguinea, fordert im Alleingang das politische Establishment im Japan der Nachkriegszeit heraus. Okuzaki, der den Kaiser für die Kriegsverbrechen verantwortlich macht, protestiert auf unterschiedlichste Arten: Er fährt mit regierungskritischen Slogans durch die Gegend, verbreitet Nacktbilder des Kaisers und versucht, den Offizier zu töten, der die Exekution seiner Kameraden angeordnet hat. Fünf Jahre hat Kazuo Hara an dem Dokumentarfilm gearbeitet, der die Kolonialmacht von innen heraus zersetzt.
Regie Trinh T. Minh-ha USA 1989
108 min., OmeU
Was ist, wenn ein Land den Kampf gegen seinen Kolonisator gewinnt, die Bevölkerung aber weiter unter einem System männlicher Dominanz hält? Laut den im Film interviewten Frauen ist genau das nach dem Krieg in Vietnam passiert. Begleitet von Liedern und Zeugnissen über weibliche Identität, Familienbeziehungen, Exil, Gewalt und Erinnerung, erforscht Surname Viet Given Name Nam die Rolle von Frauen in Vietnam und den USA. Unter Verwendung von umfangreichem Archivmaterial hinterfragt Trinh T. Minh-ha auch die Rolle des Interviews im Dokumentarfilm.
Regie Marta Rodríguez/Jorge Silva Kolumbien 1982
108 min., OmeU
Our Voice of Earth, Memory and Future dokumentiert die ersten Jahre des Cauca Regional Indigenous Council (CRIC) und seinen Kampf um die Rückgabe indigener Territorien. Mit einer Mischung aus nüchterner Dokumentation und phantastischen Bildwelten verknüpft der Film Mythos, Poesie und Erinnerung und fängt einen entscheidenden Moment des modernen “indigenous rights movement” ein. Eine Reflexion über die jahrhundertelange Unterdrückung von Bauern und indigener Bevölkerung in Kolumbien.