Über

SİNEMA TRANSTOPIA

Wie lässt sich ein neues Kino in der transnationalen Gesellschaft gemeinsam gestalten? SİNEMA TRANSTOPIA, das Kino-Experiment von bi'bak, untersucht Kino als sozialen Diskursraum, als Ort des Austauschs und der Solidarität. Die kuratierten Filmreihen bringen diverse soziale Communities zusammen, verknüpfen geographisch entfernte und nahe Orte, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und dezentrieren einen eurozentristischen Blick durch transnationale, (post-)migrantische und postkoloniale Perspektiven. SİNEMA TRANSTOPIA steht für ein anderes Kino, das sich zugleich einer lokalen und einer internationalen Community verpflichtet sieht, das Kino als wichtigen Ort gesellschaftlicher Öffentlichkeit versteht, das filmhistorische als erinnerungskulturelle Arbeit betrachtet und sich für die Vielfalt der Filmkultur und Filmkunst einsetzt. Im Haus der Statistik am Berlin-Alexanderplatz schlägt das Kino-Experiment eine Brücke zwischen urbaner Praxis und Film und kreiert ein Ort, der Zugänge öffnet, Diskussionen anregt, weiterbildet, bewegt, provoziert und ermutigt.

Gefördert durch den Haupstadtkulturfonds, die Conrad Stiftung und das Programm NEUSTART KULTUR

Die Veranstaltungsreihen können im Archiv abgerufen werden.

Reihen
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SİNEMANINO

Das Kinderprogramm von SİNEMA TRANSTOPIA

Konzept von Malve Lippmann und Dr. Martin Ganguly

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Common Cold

un.thai.tled Film Festival 2021

Kuratiert von Sarnt Utamachote und Rosalia Namsai Engchuan

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Sounding Womanhood

Feminist Gestures in Film

Kuratiert von Pia Chakraverti-Würthwein & Eirini Fountedaki

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Die fünfte Wand

Archivsichtungen mit Filmen von Navina Sundaram

Kuratiert von Merle Kröger und Mareike Bernien

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Materialität der Erinnerungen

(Post-)Jugoslawische Erfahrungen

Kuratiert von Borjana Gaković und Madeleine Bernstorff

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Materialität der Erinnerungen

Kriege hinterlassen anhaltende Spuren, individuelle und kollektive, in Körpern und in Landschaften. Traumata setzen sich fort. Die Kriege im ehemaligen Jugoslawien in den 1990er Jahren haben sich tief in das Bewusstsein der Überlebenden wie ihrer Nachfahren eingeschrieben. In den Kinematografien der ex-jugoslawischen Staaten und in der Diaspora entstanden in den letzten Jahren und Jahrzehnten vermehrt Filme zu spezifischen traumatischen Ereignissen, zur Verschleppung des Verschwiegenen, die sich unterschiedlichster Strategien der reflexiven Auseinandersetzung mit von Gewalt geprägten Gesellschaften bedienen. Die hier zusammengestellten Filme werden, ob bewusst oder eher implizit feministisch aufgeladen, zu Medien der Reflexion und der Verarbeitung und verändern damit das Leben nicht nur der Beteiligten. Die radikal autobiografische Perspektive ist nicht nur die Methode der beiden Eröffnungsfilme, sondern zieht sich durch die gesamte Filmreihe. Wir laden zur Diskussion ein.

Gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa

Borjana Gaković ist Film- und Medienwissenschaftlerin. Sie ist als Autorin und als Dozentin im Bereich der Film- und Kinokultur sowie als Kuratorin meist historischer Kinoprogramme tätig, oft mit Bezug auf Feminismen in der Filmgeschichte.

Madeleine Bernstorff lebtinBerlin, konzipiert Filmprogramme (oft in Kollaboration) und arbeitet als Lehrende und Autorin, z.B. von Transnationales Lernen an der dffb. 2016/2017 hat sie mit der Gruppe SPOTS die Produktion von 23 kurzen Videospots NSU-Komplex auflösen! betreut.

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Veranstaltungen

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Im Anschluss Gespräch mit Lidija Zelovic

The Fuse: Or How I Burned Simon Bolivar + My Own Private War

Kako sam zapalio Simona Bolivara 
The Fuse: Or How I Burned Simon Bolivar
Igor Drljača, Kanada 2011, 9 Min. OmeU

Als kleiner Junge glaubte der Filmemacher Igor Drljača, mit einem Gebet, dass es keine Schule mehr geben solle, den Krieg in Bosnien-Herzegowina 1992 verursacht zu haben. Aus der Sicht eines Kindes und mit viel Amateurmaterial erzählt The Fuse: Or How I Burned Simon Bolivar eine tiefgründige Geschichte über das nachhaltige Trauma, die Absurdität des Krieges und die menschliche Kapitulation vor dessen Macht.

My Own Private War 
Lidija Zelović, Niederlande 2016, 57 Min., OmeU

Die im Exil in Holland lebende Filmemacherin und Journalistin Lidija Zelović tritt an, einen “wahrhaftigen und ehrlichen Film” über den Jugoslawienkrieg der 1990er-Jahre zu machen: „Ich muss den Krieg in meinem Kopf beenden.“ Dafür kehrt sie nach Bosnien zurück und taucht in die Untiefen des Konflikts – in endlosen Diskussionen mit Familienmitgliedern, im Gespräch mit Kindheitsfreund*innen und Arbeitskolleg*innen, mit denen, die dageblieben waren, die nach „50 Jahren Bruderschaft und Einigkeit“ in den Dynamiken des Krieges zu Täter*innen wurden. Ihre dunkle Stimme wird grell beim Besichtigen der ehemaligen Wohnung, in der noch ihre Kinderbücher verstauben, und ein ehemaliger Sniper erzählt mit zuckenden Gesichtsmuskeln, wie er die Waffe nahm. Immer deutlicher wird die Sprachlosigkeit, der Riss zwischen den beiden Seiten. „Du bist nicht mein Feind“ – „Ich fange an, mich als solcher zu fühlen.“ Splitscreens verdeutlichen Gleichzeitigkeiten und abgrundtiefe Brüche.

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Lidija Zelović studierte jugoslawische Literatur an der Universität Sarajevo und arbeitete als Fernsehmoderatorin. Nach Ausbruch des Krieges im Jahr 1992 begann sie ein Filmstudium an der Universität Amsterdam. Sie arbeitete als Journalistin in verschiedenen Kriegsgebieten und führte Regie und produzierte Dokumentarfilme für niederländische, britische und deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten.

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Im Anschluss Gespräch mit Marta Popivoda

Genosse Tito, ich erbe + Yugoslavia – How Ideology Moved Our Collective Body

Genosse Tito, ich erbe
Comrade Tito, I inherit
Olga Kosanović, Deutschland/Österreich 2021, 27 Min. OmeU

Die Österreicherin Olga Kosanović soll eines Tages das Gartenhaus ihrer Großeltern in Serbien erben, das zugleich die sozialistische Vergangenheit ihrer Familie mit einzuschließen scheint. Im Schlafzimmer kürt ihre Mutter sie zur Pionierin. Heimat ist kompliziert, erben vielleicht eine Last und Tito wird zur Symbolfigur für etwas Gewesenes. In einem Haus mit Obstgarten, an einem Berghang inmitten üppiger Natur, stellt sich für drei Generationen die Frage, was sich verändert hat in der großen und kleinen Geschichte und was zu erhalten wäre, eingebettet in die verschiedenen Migrationserfahrungen.

Jugoslavija kako je ideologija pokretala naše kolektivno telo
Yugoslavia How Ideology Moved Our Collective Body
Marta Popivoda, Serbien/Frankreich/Deutschland 2013, 62 Min. OmeU

Eine entlarvende Kompilation von Masseninszenierungen aus der Ära Tito und danach: grobzeilige TV-Archivbilder mit seltenen Aufnahmen von Jugendarbeitsaktionen aus der Nachkriegszeit, bunte Tänze und Staffelläufe zu Feier von Titos Geburtstag, studentische Proteste der 1968er und gewalttätige Massenchoreografien der 1990er in Serbien. Die Inszenierung menschlicher Körper als Teil einer kollektiven, sozialen Skulptur wirftFragen nach Kollektivität und Individualität und ihren Beziehungen zu Systemen der Macht auf. Die Ideologie erschöpft sich selbst.

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Marta Popivoda ist Filmemacherin, Videokünstlerin und Wissenschaftlerin. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit Erinnerung und Geschichte, kollektiven und individuellen Körpern sowie Ideologie und Alltagsleben, mit einem Fokus auf antifaschistische und feministische Potenziale des jugoslawischen sozialistischen Projekts. Sie ist Teil des Kollektivs TkH (Walking Theory).

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Im Anschluss Gespräch mit Ana Bilankov

In War and Revolution + Naked Island

U ratu i revoluciji  
In War and Revolution
Ana Bilankov, Kroatien 2011, 15 Min. OmeU

Am Beispiel eines Buches, das von ihrem Großvater zur Zeit des sozialistischen Jugoslawiens herausgegeben wurde, thematisiert Ana Bilankov die Verbannung von Büchern im Kroatien der 1990er Jahre stellvertretend für das Auslöschen der (kollektiven) Erinnerung. Dem stellt sie ein Interview mit ihrer 97 Jahre alten Großmutter gegenüber, die mit dem Verlust der Erinnerung und den Zwängen der Verdrängung kämpft.

Goli 
Naked Island
Tiha K. Gudac, Kroatien 2014, 75 Min. OmeU

In ihrem familienbiografischen Dokumentarfilm nimmt sich Tiha K. Gudac eines dunklen Kapitels des jugoslawischen Realsozialismus an – der Verfolgung der „politisch ungeeigneten“ und als Volksfeinde deklarierten Personen in Titos Jugoslawien. Der Großvater der Regisseurin überlebte die Inhaftierung im politischen Gefangenenlager auf der kargen Insel Goli otok, bei der Folter und brutale Schikane zum Alltag gehörten. In der Familie wurde darüber nie gesprochen, der Großvater nahm seine Geschichte mit ins Grab. In Gesprächen mit Familienmitgliedern, befreundeten ehemaligen Mitgefangenen und anhand von Familienfotos versucht Gudac zu verstehen, woher die Narben am Körper ihres Opas kamen.

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Ana Bilankov arbeitet als Künstlerin mit Fotografie, Video, experimentellem Film und Installationen. Sie war Stipendiatin für diverse Atelier-Aufenthalte im Ausland und stellte an zahlreichen Ausstellungen aus. Ihre preisgekrönten Filme wurden an einer Vielzahl von Film- und Videofestivals gezeigt.

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Red Rubber Boots + The Boy Who Rushed

Triggerwarnung: Die Filme zeigen explizite Bilder von Ermordeten 

Im Anschluss Gespräch mit Borjana Gaković und Madeleine Bernstorff

Crvene gumene čizme 
Red Rubber Boots
Jasmila Žbanić, Bosnien und Herzegowina 2000, 18 Min. OmeU

Als die beiden Kinder von Jasna im Bosnienkrieg von serbischen Soldaten entführt wurden, war ihre Tochter Ajla neun Monate und ihr Sohn Amar vier Jahre alt. Jasmila Žbanić begleitet sie, wie sie Jahre später nach diesem schrecklichen Ereignis die nach dem Krieg geöffneten Massengräber aufsucht, um die sterblichen Überreste ihrer Kinder zu finden. Ihre Körper müssten inzwischen verwest sein, sagt sie in einer kaum erträglichen Schlüsselszene, aber Amar hatte rote Gummistiefel an, die könnten überdauert haben.

Dečko kojem se žurilo
The Boy Who Rushed
Biljana Čakić-Veselič, Kroatien 2001, 52 Min. OmeU

Die Spurensuche der Regisseurin nach ihrem Anfang der 1990er Jahre im Kroatienkrieg verschwundenen Bruder ist zugleich der Versuch einer Rekonstruktion seiner Persönlichkeit. Was für ein Mensch war Ivan und wie lebt er in den Erinnerungen derer weiter, die ihn geliebt und gekannt haben? Auf ihrer Suche findet Čakić-Veselič unzählige Spuren der Zerstörung: In Gärten verlassener Häuser liegen Gebeine, vereinzelte Knochen, ein Massengrab. Auf verstörende Weise erfahren wir vom Alltag der Überlebenden, die während der Feldarbeiten menschliche Schädel und Knochen auffinden. Erst neun Jahre nach Beginn der Filmarbeit können die sterblichen Überreste von Ivan identifiziert werden.

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Transferred Memories – Embodied Documents + A Good Wife

Anschliessend Gespräch mit Borjana Gaković und Madeleine Bernstorff

Transferred Memories –Embodied Documents
Ana Hoffner ex-Prvulović*, Österreich 2014, 15 Min. OmeU

In der Sound- und Videoinstallation reflektiert Ana Hoffner ex-Prvulović* zusammen mit der Schauspielerin Vivien Löschner die Konfrontation mit Videobildern aus dem Lager Omarska, wo während des Bosnienkrieges systematisch Gräueltaten an Gefangenen verübt worden waren. Der zweite Aspekt der Installation bezieht sich auf das Zeugnis eines Überlebenden, das in der Ich-Form nachgesprochen wird. Ein queerer Versuch, auf Bilder von Grausamkeiten zu reagieren, ohne sie zu wiederholen. 

Dobra žena 
A Good Wife
Mirjana Karanović, Serbien 2016, 94 Min. OmeU

Das Regiedebüt der Grand Dame des jugoslawischen Films, der Schauspielerin Mirjana Karanović, ist ein politisches Statement. Die Protagonistin Milena, eine gut situierte Frau um die 50, ist hauptsächlich Mutter und Ehefrau – sie putzt, kocht und hält die Familie zusammen, trotz rebellierender Töchter, die langsam erwachsen werden. Die Vorwürfe der Älteren gegen ihren Vater versteht sie nicht, oder will sie nicht verstehen – bis sie eines Tages beim Putzen eine VHS-Kassette entdeckt, die ihren liebevollen Ehemann als Kriegsverbrecher entlarvt. Milena muss sich entscheiden: denn eine gute Frau zu sein bedeutet, keine gute Ehefrau mehr sein zu können. Der symbolbeladene Film ist von historischen Ereignissen inspiriert und nutzt die Fiktion als Intervention in das Mainstreamkino, gegen das Schweigen von Mitwisser*innen. In den Worten der Regisseurin: „Dies ist kein Film über Verbrechen, sondern darüber, wie wir uns zu ihnen verhalten.“

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Widmung für ein Haus + For Those Who Can Tell No Tales

Anschliessend Gespräch mit Borjana Gaković und Madeleine Bernstorff

Widmung für ein Haus 
Irena Vrkljan, Deutschland 1966, 5 Min. deutsche OV

Potsdamer Platz, Berlin: „Es ist November 1966. In zwei Jahren gibt es dieses Haus nicht mehr. Eine Straße wird seine Geschichte beenden und vergessen.“ Vrkljans letztes Bild, ihr letzter Blick, gilt einem Bäumchen, das auf einer Brache wächst. Die 1930 geborene jugoslawische Filmstudentin produzierte diesen Film im ersten Jahrgang der neu gegründeten DFFB und spricht über Kriegsspuren, über stoffliche Reste vor dem Hintergrund ihrer eigenen Kriegserfahrung als Teenager. 

Za one koje ne mogu da govore 
For Those Who Can Tell No Tales
Jasmila Žbanić, Bosnien und Herzegowina 2013, 72 Min. OmeU

Die Suche der australischen Performancekünstlerin Kym Vercoe nach romantisch-historischen Orten in Bosnien führt sie nach Višegrad, zur “Brücke über die Drina”, wo sie sich nichtsahnend inmitten einer ignoranten Nachkriegsgesellschaft voller Täter wiederfindet, wo ehemalige Vergewaltigungslager als Hotels dienen und die Gewalt der jüngsten Vergangenheit spürbar alle Poren des Alltags durchdringt. Auch sie wird verdächtigt, eingeschüchtert, verhört, aber nichts kann sie davon abhalten zu trauern. Jasmila Žbanić rechnet ab mit dem zementierten Narrativ des bekannten Buchs des Literaturnobelpreisträgers Ivo Andrić. Sie schafft ein sichtbares Mahnmal für diejenigen Frauen, die systematisch sexueller Gewalt als Kriegswaffe ausgesetzt waren und rückt die Orte des Verbrechens in den Fokus, die stellvertretend Zeugnis ablegen. Die Aufnahmen dieser Orte lassen sich nicht in fiktionale oder dokumentarische Kategorien einteilen es ist das Grauen, das sie in der Wahrnehmung unmissverständlich echt und erfahrbar macht.

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Annäherung + Zeugin aus der Hölle

Mit einer Einführung von Merima Omeragić

Annäherung
Sonya Schönberger, Deutschland 2020/2021, 8 Min.ohne Dialog

Zwischen 2012 und 2014 suchten das Landesdenkmalamt und Wissenschaftler*innen der Freien Universität Berlin bei Grabungen am Rand des Tempelhofer Feldes nach Spuren eines NS-Zwangsarbeitslagers, das sich von 1941 bis 1945 dort befand. Etliche Objekte und Fragmente wurden dabei gefunden, unter anderem auch 14’000 Nägel, verrostet und verbogen, in den unterschiedlichsten Größen. Eine nüchterne Studie über das Ephemere von Erinnerungsspuren. 

Gorke trave 
Zeugin aus der Hölle 
Živorad Mitrović nach dem Drehbuch von Frida Filipović, Jugoslawien/BRD 1966, 83 Min. deutsche OV

Irene Papas, bekannt durch den Welterfolg Alexis Sorbas, spielt eindrucksvoll die KZ-Überlebende Jüdin Lea Weiss, deren Zeugenaussage dringend erforderlich ist, um einem davon gekommenen Täter, Karrierist im Nachkriegsdeutschland, den Prozess zu machen. Kurz nach dem Krieg hatte sie dem Journalisten Bora Petrović ihre Leidensgeschichte erzählt. Petrović und ein Staatsanwalt aus der Ludwigsburger Zentralstelle zur Aufklärung der NS-Verbrechen versuchen sie nun 15 Jahre nach Kriegsende zur Zeugenaussage zu bewegen. Sie weiß, dass sie dem Durchleben der wiederkehrenden Erinnerungen und der Rekonstruktion der erfahrenen Leiden im Prozess nicht gewachsen sein wird. Zusätzlich wird sie von Handlangern des Täters terrorisiert. Eine geschichtspolitisch singuläre, ambitionierte Co-Produktion der CCC-Filmkunst Berlin von Artur Brauner mit Avala-Film Belgrad.

Merima Omeragić arbeitet am Center for Interdisciplinary Studies und ist Doktorandin an der Philosophischen Fakultät der Universität Sarajevo. Der Schwerpunkt ihrer Forschung liegt auf Film, Literatur und Kunst von Frauen. Sie beschäftigt sich mit Feminismus, intersektionaler Theorie, sowie Transnational-, Gender- und Queer-Studies.

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Im Anschluss Gespräch mit Gaby Babić

When I Die You Can Do What You Want + Before the Fall There Was No Fall, Episode 2: Surfaces + Great Expectations

Kad umrem, radite šta hoćete 
When I Die You Can Do What You Want
Adela Jušić, Bosnien und Herzegowina 2011, 19 Min. OmeU

Ursprünglich als Videoinstallation für einen Galerieraum konzipiert, entfaltet die Arbeit von Adela Jušić die volle Kraft erst im Dunklen des Kinos auf großer Leinwand: der frontale Blick aus dem faltenreichen, schmerzlich bewegten Gesicht ihrer Großmutter in Zeitlupe, während ihr die Künstlerin die Haare färbt. Auf der Tonspur flüstert Jušić einen unaufhaltsamen Erinnerungsstrom der inzwischen verstorbenen Oma, die am Ende ihres Lebens aus dem Vergleich zweier überlebter Kriege eine Art Resümee zu ziehen scheint.

Before the Fall There Was No Fall, Episode 2: Surfaces 
Anna Dasović, Niederlande/Österreich 2020, 20 Min. OmeU

Anna Dasović untersucht die nicht für die Öffentlichkeit gedachten Wandzeichnungen holländischer Soldaten in einem UN-Camp in unmittelbarer Nähe von Srebrenica. Before the Fall There Was No Fall konzentriert sich auf rhetorische Strukturen, die Gewalt sichtbar machen, und solche, die politisch unerwünschte Aspekte verschleiern. Im Zentrum steht die Figur des “bystanders” und die Art und Weise, wie das “Unvorstellbare” und das “nicht Darstellbare” evoziert werden, um die Verantwortung beim Zulassen von Gewalt abzuwehren. 

Velika očekivanja 
Great Expectations
Renata Poljak, Frankreich/Kroatien 2005, 17 Min. OmeU

Ausgehend von ihrer eigenen Familiengeschichte erzählt Renata Poljak von der Nachkriegs-Architektur an der kroatischen Küste und wie diese für ein neues gewalttätiges Wertesystem steht, in dem Kapitalismus, Skrupellosigkeit und Nationalismus zu sich kommen.

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Gaby Babić, geboren 1976 in Frankfurt a. M., ist eine Programmmacherin und Kulturarbeiterin. Sie leitet die Kinothek Asta Nielsen und Remake  Frankfurter Frauen Film Tage. Ihre Arbeit fokussiert auf Film und Geschichte, Kritische Theorie, Migration, Osteuropäisches Kino, Feministische Filmarbeit, Antirassismus und Antifaschismus.

Regie Ivan Ramljak Kroatien 2021

78 Min., OmeU

Once Upon a Youth

„Stell Dir vor, es passiert uns einfach so, ohne einen besonderen Grund – und wir kehren für 30 Sekunden in die Vergangenheit zurück! Einfach so, ohne einen besonderen Grund...“ Kroatien in den 1990ern: Marko schießt Fotos, Ivan will Filme machen. Gemeinsam machen sie Radio und spielen Computerspiele, hängen mit Freund*innen rum, hören Fela Kuti, fahren an die kroatische Küste per Anhalter und ohne Geld, oder nach Slowenien, um neue Filme zu sehen – selbst wenn sie dafür im alten, schrottreifen Renault 4 ohne funktionierende Heizung mitten im Winter übernachten müssen. 

Kroatien heute: Ivan lebt, Marko nicht mehr. Mit den hinreißenden Schwarzweißfotos von Marko entsteht 13 Jahre nach dessen Tod ein gemeinsamer Film. Aus dem Off setzt sich die Geschichte über Markos Leben zusammen, die aus der Perspektive des Filmemachers Ivan, Markos Schwester, seinen Freund*innen und den Mitgliedern der damaligen Clique erzählt wird. Diese intime Geschichte über eine Jugend im Kroatien der 1990er Jahre ist eine berührende Hommage an eine Freundschaft und Unbeschwertheit, über Abgründe, vor dem Hintergrund eines zerstörerischen Krieges, der allgegenwärtig und doch kein Thema ist.

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