Kuratiert von Popo Fan, Tobias Hering, Malve Lippmann, Branka Pavlovic, Can Sungu, Sarnt Utamachote und Florian Wüst
Die Schließung öffentlicher Orte während der Corona-Krise hat deutlich gemacht, dass sich die kollektive Erfahrung des Filmesehens im Kino nicht in die eigenen vier Wände verlagern lässt. Soziale Öffentlichkeit braucht die Kinos, in denen Filme gemeinsam gesehen werden können und diese Erfahrung mit anderen Menschen erleb- und vor allem diskutierbar wird. Denn Kino ist mehr als das Sehen von Filmen. Kino ist ein sozialer Diskursraum, ein Ort des Austausches und der Solidarität. Kino kann abseits von Kommerz und festgefahrenen Strukturen ein Raum sein, an dem Menschen der Filme wegen zusammenkommen, ein transtopischer Raum, der Zugänge öffnet, Diskussionen anregt, weiterbildet, bewegt, provoziert und ermutigt. Kinos sind Teil einer öffentlichen Stadtarchitektur und gleichzeitig in sich geschlossene Sehnsuchtsorte mit utopischem Charakter. Auf der großen Leinwand erschließen sich uns vielfältige Welten, in die wir durch die Filme eintauchen können. Kino kann so neuartige Verbindungen zwischen der Welt des Films und der Stadt schaffen.
Mit diesen Überlegungen eröffnen wir am 3. September 2020 unser Kino-Experiment SİNEMA TRANSTOPIA imHaus der Statistik mit der Reihe RESTART: SİNEMA. Für das Eröffnungsprogramm haben wir uns mit verschiedenen Kurator*innen zusammengeschlossen, um eine Reihe mit Filmen zu gestalten, die das Kino als einzigartigen sozialen und ästhetischen Raum reflektieren.
Seit fünf Jahren veranstaltet bi’bak das Filmprogramm bi‘bakino, das transnationalen, postkolonialen und (post)-migratischen Perspektiven einen Raum gibt und damit lokales Geschehen zu globalen Entwicklungen ins Verhältnis setzt. Die Praxis von bi’bak hat gezeigt, dass das Kino als sozialer Begegnungsraum, der unterschiedliche Communities und ästhetische Herangehensweisen zusammenbringt, nicht an Bedeutung verloren hat. Ebenfalls gibt die Initiative Haus der Statistik Impulse, um aus dem ehemaligen DDR-Verwaltungsgebäude einen gemeinschaftlichen Ort zu machen, der Kultur, Soziales, Bildung und integriertes Wohnen miteinander verbindet. Daher hat unser mit Austausch und Partizipation engagiertes Kino in der Pioniernutzung des Haus der Statistik einen idealen Standort gefunden.
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds
Kuratiert von Popo Fan, Tobias Hering, Malve Lippmann, Branka Pavlović, Can Sungu, Sarnt Utamachote und Florian Wüst
Branka Pavlovic studierte Film-und Fernsehen an der Universität Belgrad und schloss 2009 mit dem Master im Institut für Kunst im Kontext an der UdK Berlin ab. Seit 2009 leitet sie als Programmdirektorin das Human Rights Film Festival Free Zone in Belgrad. Als Stipendiatin entwickelte sie an der nGbK Berlin das Kunstvermittlungsprogramm und führt als freie Kunstvermittlerin und Workshopleiterin u.a. an der FU Berlin zahlreiche Seminare und Workshops durch.
Florian Wüst lebt als freischaffender Filmkurator, Künstler und Verleger in Berlin. Er ist Mitgründer der Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt und war von 2016 bis 2020 Film- und Videokurator der transmediale.
Popo Fan, geboren 1985, ist ein in Berlin lebender Filmemacher, Kurator und Autor aus der chinesischen Diaspora. Zu seinen Filmen gehören queere aktivistische Dokumentarfilme und sex-positive Kurzfilme. Seit mehr als einem Jahrzehnt organisiert er das Beijing Queer Film Festival und gründete das Queer University Video Training Camp in China. Im Jahr 2019 kuratierte er bei bi'bak die Filmreihe "More Than A Midnight Rainbow" über in China produzierte und chinesischsprachige queere Filme.
Sarnt Utamachote ist ein Filmemacher, Fotograf und Kurator. Er ist Mitgründer von un.thai.tled, einem Künstler*innen-Kollektiv aus der deutschen Thai-Diaspora, mit dem er das un.thai.tled Film Festival Berlin und Beyond the kitchen: Stories of Thai Park kuratierte. Seine Videoinstallation I Am Not Your Mother (2020) wurde am International Film Festival Rotterdam ausgestellt.
Tobias Hering ist freier Filmkurator und Journalist und hat bei bi'bak zuletzt das Programm Freundschaft auf Zeit (2019) zu Vertragsarbeit und Internationalismus in der DDR vorgestellt. Er ist derzeit verantwortlich für das Archivprojekt re-selected der Kurzfilmtage Oberhausen. In diesem Rahmen recherchiert er u.a. zu Amos Vogels Arbeit als USA-Korrespondent der Kurzfilmtage in den 60er Jahren.